Verbundvorteile (economies of scope) beschreiben Produktions- und Kostenvorteile eines Unternehmens bei der Produktion mehrerer Güter, die durch gemeinsame Nutzung von Produktionsfaktoren und Produktionseinrichtungen im weitesten Sinne entstehen. Die gemeinsame Vermarktung oder Verwaltung kann ebenfalls einen Kostenvorteil begründen. Die Produktion von mehreren Gütern durch ein Unternehmen kann dabei sehr eng zusammenhängen oder auch keinen physischen Zusammenhang vorweisen.
Ein sehr enger Zusammenhang ergibt sich beispielsweise bei der Produktion von Holzbrettern und Holzabfall, der ebenfalls weiterverkauft werden kann. Durch die Produktion der Holzbretter entsteht aufgrund des Produktionsprozesses an sich ein weiteres Nebenprodukt, das aus Unternehmenssicht wertvoll ist. Weniger eng, aber verwandt, wäre die Produktion von Schrauben und Nägeln. Ein Unternehmen kann aber auch zueinander fremdartige Produkte herstellen. Weiterhin kann natürlich auch die Produktion von Dienstleistungen Verbundvorteile aufweisen, beispielsweise wenn Versicherungsunternehmen verschiedene Versicherungen anbieten.
Produktion mehrerer Güter unter gegebener Technologie
Ausgangspunkt bei der allgemeinen Überlegung zu Verbundvorteilen ist der Produktionsprozess des Unternehmens im Mehrproduktfall. Die volkswirtschaftlichen Produktionsfaktoren, wie beispielsweise Arbeitskraft und Sachkapital in Form von Maschinen, werden in die Produktion eingebracht, um Güter herzustellen. Das gilt natürlich auch, wenn mehrere Güter produziert werden. Im Falle der Mehrgüter-Produktion kann sich ein Unternehmen somit entscheiden, für welche Güterproduktion die vorhandenen Produktionsfaktoren eingesetzt werden sollen. Darüber hinaus können bestimmte Faktoren vielleicht gemeinsam genutzt werden, beispielsweise das Management oder das Marketing.
Die Gütertransformationskurve zeigt dann alle Kombinationen der produzierbaren Gütermengen an, die mit den gegebenen Produktionsfaktoren und der gegebenen Produktionstechnologie erstellt werden können. Übertragen auf das obige Beispiel mit der Produktion von Schrauben und Nägeln zeigt die zugehörige Gütertransformationskurve jede Anzahl an Schrauben und Nägeln an, die mit gegebenen Arbeitskräften und Maschineneinsatz produziert werden können. Das Unternehmen könnte dabei alle Arbeitskräfte und Maschinen nur auf die Produktion von Schrauben konzentrieren oder nur auf die Produktion von Nägeln oder eben auf eine Kombination aus beidem.
Verbundvorteile und Kostenersparnis
Verbundvorteile entstehen dann, wenn ein Unternehmen mehrere Produkte in größerer Zahl produzieren kann im Vergleich zu mehreren Unternehmen, die sich jeweils auf ein Produkt konzentrieren. Dabei wird von einer festen Produktionstechnologie ausgegangen und einer festen Zahl an Produktionsfaktoren, die entweder das eine Unternehmen einsetzt oder die sich auf mehrere Unternehmen aufteilen. Beispielsweise besteht ein Verbundvorteil, wenn ein Unternehmen mit zehn Arbeitskräften und zehn Maschinen 10.000 Schrauben und 10.000 Nägel herstellen kann im Vergleich zu zwei Unternehmen, die jeweils mit fünf Arbeitskräften und fünf Maschinen einzeln nur 9.000 Schrauben und 9.000 Nägel herstellen.
Das bedeutet im Umkehrschluss, dass Verbundvorteile zu Kostenersparnissen führen. Die gemeinsame Produktion von mehreren Gütern ist kostengünstiger als die jeweilige Einzelproduktion der Güter. Sichtbar werden Verbundvorteile in der Gütertransformationskurve, die – grafisch gesprochen – in dem Fall nach außen gekrümmt verläuft. Eine Kombination aus mehreren Gütern liegt am weitesten vom Nullpunkt entfernt und ist somit die höchstmögliche Produktion.
Verbundnachteile
Nicht jede Produktion weist Verbundvorteile auf. Führt jede Güterkombination in der Produktion zu gleichen Kosten, spielt es inhaltlich keine Rolle, ob ein Unternehmen mehrere Produkte herstellt oder mehrere Unternehmen sich auf jeweils ein Gut konzentrieren. Grafisch gesprochen ist die Gütertransformationskurve eine Gerade. Es gibt weder einen Verbundvorteil noch einen Verbundnachteil.
Ein Verbundnachteil bestünde dann, wenn die Produktion mehrere Güter im Konflikt zueinander steht. Das eine Gut herzustellen muss dann im Widerspruch zur Produktion eines andere Guts stehen. Ein Mehrproduktunternehmen hätte in diesem Fall höhere Kosten als Einzelproduktunternehmen. Verbundnachteile können beispielsweise auftreten, wenn durch die Produktion mehrerer Güter die Kosten der Koordination und des Managements stark ansteigen.
Grad der Verbundvorteile
Es lässt sich nicht nur bestimmen, ob ein Verbundvorteil vorliegt, sondern auch, wie ausgeprägt dieser ist. Dafür ist eine tiefere Analyse der Kostenstruktur des Unternehmens notwendig. Hierfür werden die Produktionskosten benötigt, wenn ausschließlich jeweils nur ein Gut produziert wird oder wenn mehrere Güter produziert werden.
Beispiel: Es werden die Kosten ermittelt, die nur bei einer Produktion von Schrauben entstehen, sowie die Kosten, die nur bei einer Produktion von Nägeln entstehen. Weiterhin werden die Kosten ermittelt, die bei einer gemeinsamen Produktion von Schrauben und Nägeln entstehen (jeweils maximal mögliche Produktion). Die Kosten bei einseitiger Produktion von Schrauben und die Kosten bei einseitiger Produktion von Nägeln werden addiert und die Kosten bei gemeinsamer Produktion subtrahiert. Das Ergebnis wird durch die Kosten der gemeinsamen Produktion dividiert, um eine Relation zu erhalten. Bestehen Verbundvorteile, ergibt sich eine Zahl größer als Null.
Aus dieser Rechnung ergibt sich der Grad der Verbundvorteile. Er beschreibt, wie hoch die relative (prozentuale) Kosteneinsparung durch die gemeinsame Produktion im Vergleich zu einer separaten Produktion ist. Je größer die Zahl, desto höher ist der Grad der Verbundvorteile und damit die relative Kostenersparnis.
Wichtig in diesem Zusammenhang: Verbundvorteile sind nicht zu verwechseln mit Größenvorteile eines Unternehmens (durch zunehmende Skalenerträge). Beide Sachverhalte können unabhängig voneinander auftreten.
Technischer Fortschritt und Verbundvorteile
In den obigen Ausführungen wurde unterstellt, dass die Produktionstechnologie sich nicht verändert. Über die Zeit tritt aber technischer Fortschritt auf, der sich auch auf die Verbundvorteile auswirken kann. Zunächst einmal bewirkt technischer Fortschritt, dass mit den gegebenen Produktionsfaktoren mehr produziert werden kann beziehungsweise für eine bestimmte Produktionsmenge weniger Faktoreinsatz notwendig ist. Es steigt also die Produktivität beziehungsweise die Gesamtkosten sinken.
Das ist unmittelbar in der Gütertransformationskurve sichtbar, die – grafisch gesprochen – nach außen verschoben wird. Durch technischen Fortschritt werden nicht nur einzelne Güterproduktionen größer, sondern natürlich auch die gemeinsame Güterproduktion.
Technischer Fortschritt kann aber auch den Grad der Verbundvorteile – also die Krümmung der Gütertransformationskurve – verändern. Hierzu ein einfaches Beispiel: Es werden unterschiedliche Werkzeuge produziert, wofür verschiedene Maschinen notwendig sind. Nach einem technischen Sprung kann eine Maschine genutzt werden, die unterschiedliche Produktion erfordert aber Umrüstzeiten. Nach einem weiteren technischen Sprung kann eine Maschine dank neuer Verfahrenstechnik aus Granulat alle Werkzeuge gemäß Produktionsplanung drucken. Die Produktivität steigt und erlaubt an sich höhere Produktion beziehungsweise Kostenersparnisse, aber auch organisatorische und verwaltungstechnische Vorteile können immer besser ausgenutzt werden (erleichterte Koordination, Planung und Kontrolle). Letzteres steigert somit den Grad der Verbundvorteile.