Musteringenieurgesetz-Wirtschaftsingenieure

Musteringenieurgesetz: Die Auswirkungen auf ingenieurswissenschaftliche Studiengänge

Das Musteringenieurgesetz soll die Ausbildung der Ingenieure in Deutschland vereinheitlichen. Das führte von Anfang an zu Kritik, denn einige befürchten damit einen Eingriff in die Unabhängigkeit der Universitäten und Hochschulen. Andere sehen sogar eine Gefahr für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Der Überblick…

Musteringenieurgesetz sorgt für Unmut

Im Juli 2018 hat sich die Konferenz der Wirtschaftsminister (WiMiKo) im sogenannten Musteringenieurgesetz um eine Reform des Ingenieursstudiums gekümmert. Konkret ging es dabei um den Umfang der MINT-Fächer. Also derjenigen Fächer, die sich mit den Studieninhalten von Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik beschäftigen. 

Das Gesetz sollte dabei festlegen, in welchem Umfang die Inhalte dieser Fächer beherrscht werden müssen, bevor sich Studenten Ingenieur nennen dürfen. Die Kritik am Musteringenieurgesetz lautete schon damals, dass de Anteil der MINT-Fächer im Studium viel zu gering sei. Tatsächlich reicht es bei der heutigen Ausbildung von Ingenieuren aus, wenn das Studium nur zur Hälfte aus naturwissenschaftlichen Teilen besteht. Selbst eine derart geringe ingenieurswissenschaftliche Ausbildung genügt, damit die Absolventen die Berufsbezeichnung „Ingenieur“ führen dürfen. 

Anteil der MINT-Fächer zu gering 

Schon bei der ersten Diskussion des Musteringenieurgesetz wurde genau das bemängelt. Was auch einleuchtend ist, schließlich kommt man auch nicht auf die Idee, einen Juristen, der sich nur zu 50 Prozent während seines Studiums mit Jura beschäftigt hat, Juristen zu nennen. So lautetet auch die Argumentation, die man aus den Reihen der Bundesingenieurskammer hörte. Der Anteil der MINT-Fächer müsse mindestens 70 Prozent betragen, damit die künftigen Ingenieure ihren Beruf auch richtig ausüben können. 

Gesetz bringt Gefahr für Standort Deutschland 

Aber nicht nur das: Die weltweit gelobte deutsche Ingenieurskunst sieht man bei der Kammer damit in Gefahr. Wenn die Ansprüche an die Ausbildung nicht mehr so hoch sind, werden vermutlich auch Studenten einen Abschluss bekommen, die noch vor einigen Jahren durch die Prüfungen gefallen wären. Damit besteht die Gefahr, dass das gesamte Niveau sinkt. Die gesunkenen Anforderungen im Studium könnten somit sogar eine Auswirkung auf den Wirtschaftsstandort Deutschland haben. Und damit auch für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Produkte im Ausland. 

Diese Befürchtungen haben einen durchaus realen Hintergrund: Bereits seit einiger Zeit gibt es in einigen Ländern der Europäischen Union höhere Anforderungen an die Ausbildung zum Ingenieur. 

Dazu gehören unter anderem:

  • Italien
  • Liechtenstein
  • Bulgarien
  • Portugal
  • Spanien
  • Tschechien 

Musteringenieurgesetz bringt kaum Änderungen für Wirtschaftsingenieure

Profiteure des Musteringenieurgesetzes sind allerdings die Wirtschaftsingenieure. Denn dieses Studium besteht schon heute zu ungefähr gleichen Teilen aus betriebs- und ingenieurswissenschaftlichen Inhalten. Da Wirtschaftsingenieure neben der technischen Machbarkeit immer auch die Wirtschaftlichkeit der Ideen im Blick behalten müssen, sind die Studieninhalte breiter gestreut. 

Das Musteringenieurgesetz hat daher keine weiteren Auswirkungen auf die Inhalte. Auch die Berufsbezeichnung „Wirtschaftsingenieur“ bleibt in dieser Form erhalten. Damit hat dieser Studiengang eine Sonderrolle. Denn, wie bereits angedeutet, gab es vor dem Inkrafttreten des Musteringenieurgesetzes Auseinandersetzungen über die Berufsbezeichnung „Ingenieur“. 

Es bleibt abzuwarten, wie sich der Streit weiter entwickelt. Denn das Gesetz sieht eigentlich vor, dass die Bundesländer ihre Ausbildung an das Musteringenieurgesetz anpassen.

Jedoch: Der Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen ist davon nicht betroffen. Bleibt abzuwarten, ob sich deutsche Wirtschaftsingenieure damit eine größere Wettbewerbsfähigkeit sichern und vielleicht auch bessere Berufsaussichten haben als Ingenieure, deren Studiengänge nach den Vorgaben des Musteringenieurgesetzes reformiert wurden. 

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