Immer wieder taucht bei Studenten die Frage auf, wozu ein Lastenheft gut sei und wann genau ein Pflichtenheft angebracht ist, bzw. wodurch sich beide unterscheiden.
Lasten- und Pflichtenhefte kommen vor allem dort zum Einsatz, wo ein Produkt für einen Auftraggeber unter Berücksichtigung seiner Anforderungen produziert, angepasst und implementiert werden soll.
Lasten- und Pflichtenhefte sind häufig z.B. im Maschinenbau, in der Elektrotechnik oder der Informatik Vertragsbestandteil. Vertragsgegenstand kann sowohl Hardware als auch Software sein.
Lastenheft
Das Lastenheft umfasst sämtliche Forderungen des Auftraggebers an das Produkt. Es werden möglichst quantifizier-, mess- und prüfbare Anforderungen an das Produkt gestellt. Das Lastenheft wird vom Auftraggeber selbst verfasst.
Dass der Auftraggeber das Lastenheft verfasst, setzt voraus, dass dieser sich selbst über die Produktanforderungen aus seiner Sicht im Klaren ist.
Die Zielsetzung bestimmt indirekt den Umfang und den Detailgrad des Lastenhefts.
Finanziell schwerwiegende Projekte mit langer Bindung (zum Beispiel Flugzeuge) ziehen sehr umfangreiche Lastenhefte mit sich.
Die Vorteile eines Lastenhefts liegen auf der Hand und bei größeren Projekten ist es ohne Lastenhefte nicht möglich das gewünschte Produkt in den gestellten Anforderungen näher zu spezifizieren.
Das Lastenheft beugt Missverständnisse zwischen dem Auftraggeber und dem potenziellen Auftragnehmer vor. Es ist eine -bei Vertragsschluss – rechtsverbindliche Grundlage, auf die der Auftragnehmer setzen kann.
Der zu investierende hohe Aufwand für ein klar formuliertes Pflichtenheft ist geringes Übel gegenüber dem Fehlen einer solchen Rechtsgrundlage im Ernstfall.
Das Lastenheft ist die Beschreibung der Anforderung für die Einsetzbarkeit des Produktes. Nachdem der potenzielle Produzent (Auftragnehmer) das Lastenheft einstudiert hat, begibt dieser sich an eine Analyse über die Umsetzbarkeit. Aus ihr resultiert eine der möglichen Antworten:
- Absage, da das Produkt oder die geforderten Umsetzungsbedingungen gesetzlich nicht erlaubt sind oder wohlmöglich als sittenwidrig eingestuft werden könnten (Sehr selten, da auch der Auftraggeber im Vorfeld die Legalität seines Vorhabens abklärt)
- Absage, da das Produkt oder die geforderten Umsetzungsbedingungen nicht der Unternehmensphilosophie entsprechen (z.B. da das Produkt die Ausbeutung von Arbeitnehmern fördert oder übermäßig viele Naturressourcen verbraucht)
- Absage, da die technische Umsetzung dem potenziellen Produzenten unmöglich ist
- Absage, da der vom Auftraggeber eingegrenzte finanzielle Rahmen für den Produzenten nicht ausreichend ist oder andere Projekte (z.B. aus wirtschaftlichen Gründen oder aus einer vertraglichen Verpflichtung heraus) bevorzugt werden
- Verweis zu einem Partner-Unternehmen, welches den Auftrag ausführen kann
- Zusage und Ausarbeitung des Pflichtenhefts
Pflichtenheft
Wenn eine Zusage gemacht wurde, werden die Bedingungen, Konditionen und die Anforderungen an das Produkt schriftlich im Vertrag und im Pflichtenheft dargelegt.
Während die vertragsrechtlichen Aspekte (z.B. Rücktrittsrecht, Schadensersatzklauseln, Garantien usw.) im Werkvertrag festgelegt werden, werden die technischen Anforderungen des Produkts und seine Umsetzungen im Pflichtenheft festgehalten.
Der Auftragnehmer verfasst ein Realisierungsvorhaben unter Einbeziehung des Lastenheftes als Grundlage. Das Pflichtenheft ist das Gegenwerk vom Auftragnehmer zum Lastenheft, es ersetzt jedoch nicht das Lastenheft! Das Lastenheft bleibt als vertragliche Vereinbarung vorhanden.
Die Aufgabe des Pflichtenheftes ist die Darlegung, wie der Auftragnehmer bei der Produktion vorgeht und mit welchen Mitteln das Produkt realisiert und ggf. implementiert wird.
Merksatz: Das Lastenheft regelt das WAS und WOFÜR, das Pflichtenheft das WIE und WOMIT.
Generell gilt wie für das Lastenheft auch für das Pflichtenheft: Alle Anforderungen müssen quantifizier-, mess- und prüfbar sein.
Aus den Regelungen im Lasten-/Pflichtenheft, können Rechtsansprüche abgeleitet werden.
Somit kann der Auftragnehmer sicher sein und auch beweisen, dass er keine weitere, als genau die in dem Pflichtenheft vereinbarte Leistung zu erbringen hat. Der Auftraggeber darf genau diese Leistung vollständig einfordern – notfalls mit einer zivilrechtlichen Klage.