Prozessfolge

Die Festlegung der Prozessfolge ist ein Kerngebiet in der Prozessgestaltung bzw. Arbeitsplanung.

Die Festlegung der Prozessfolge geschieht durch den Prozessplaner (Arbeitsplaner) in Zusammenarbeit mit der Konstruktion und Fertigung. Der Arbeitsplaner muss hierzu über fundiertes Wissen um die Fertigungsmaterialien und -mittel, Fertigungstechnologien (anschaffbare und vorhandene) sowie Kenntnisse über den Einkauf haben und bestenfalls Zulieferer(-möglichkeiten) kennen.

Was ist ein Prozess?

Ein Prozess im Sinne der Arbeitsplanung ist ein „Bündel“ zusammenhängend durchgeführter Arbeit an einem Arbeitsplatz. Dabei kann ein Prozess von einer oder auch mehreren Personen (Arbeitsgruppe) durchgeführt werden.

Ein Prozess kann beispielsweise die Installation eines Motors in eine Karosserie (so genannte „Hochzeit“), das Schmieden einer Kurbelwelle oder die Lackierung bestimmter Teile sein.

Ein Prozess besteht aus einer Sammlung einzelner Arbeitsschritte.

Prozessfolge

Die Prozessfolge bringt das herzustellende Produkt in seinen Fertigzustand über die prozessweise Anpassen seiner Gestalt (im Maschinenbau z. B. Drehen, Schneiden, Gravieren) und/oder Werkstoffeigenschaft (z. B. Vergüten). Die Herstellung des Produkts setzt, im Sinne der fertigungstechnischen Anforderungen, eine richtige Reihenfolge der Prozesse voraus. Die Prozessfolge beginnt mit dem Rohzustand und endet mit der Überführung in den fertigen Zustand.

Die Prozessfolge ist nach wirtschaftlichen Aspekten zu optimieren, jedoch größtenteils durch Fertigungsspezifika festgelegt und wenig flexibel. Die meisten Produkte (z. B. Antriebswellen) können nicht im besonderen Maße umdisponiert werden, da ein Prozess den vorherigen voraussetzt. Bei Prozessfolgen um komplexere Produkte, welche aus mehreren Teilkomponenten mit eigener Prozessfolge bestehen (z. B. Motoren, Differenziale), sieht dies jedoch anders aus.

Die richtige Prozessfolge ist nicht nur notwendig, um als Arbeitsergebnis das fehlerfreie Produkt zu erzielen, sondern kann auch die Produktqualität und die Wirtschaftlichkeit beeinflussen. Die optimale Prozessfolge senkt Fertigungszeit und -kosten.

Prozessfolgen sind für jegliche Produkte der Branchen Maschinenbau, Elektrotechnik, Informatik, Bauwesen, Textilverarbeitung und Chemie von Bedeutung.

Am Anfang jeder Prozessfolge um ein Produkt des Maschinenbaus und Elektrotechnik steht ein Produktmodell (Konstruktionsmodell). Für dieses Produktmodell muss eine Prozesskette der Fertigung (Prozessmodell) konstruiert werden.

  1. Geometrie-Analyse: Formgebende Verfahren zur Schaffung der Grob-/Feingestalt, beispielsweise im Maschinenbau durch Stanzen, Tiefziehen, Ätzen, Sintern, Schmieden oder Gießen. Formelemente (z. B. Bohrungen und Profile) analysieren (ggf. Norm  Flächenbestimmung (Funktionsflächen von freien Flächen unterscheiden; Freie Flächen werden zum Einspannen und der Lagebestimmung genutzt)
  2. Verfahren festlegen: Ausschluss fertigungstechnischer Verfahren, welche nicht die geforderte Qualität erreichen können oder auf gegebene (von der Konstruktion festgelegte) Werkstoffe nicht anwendbar sind. Es ergeben sich die technisch möglichen Erfahren, welche in Prozesse gefasst werden können
  3. Mögliche Reihenfolgen der Prozesse festsetzen:  Die Prozessfolge sollte sowohl textlich als auch grafisch (Prozessgraph) beschrieben werden.
    Abhängigkeiten (welcher Prozess wird von welchem vorausgesetzt?) bestimmen, Widersprüche finden, Redundanzen vermeiden, sich daraus erschließende Zwangsfolgen einhalten. So könnten beispielsweise Verfahrenskombinationen zur Reduzierung verschiedener Fertigungsverfahren entwickelt oder Flächen und Formelemente für ein Fertigungsverfahren zusammengefügt werden. Ein weiteres Problem können Verfahrenskollisionen sein (Verfahren schließen sich unter Umständen auf Grund der Werkstoff-/Konstruktionseigenschaften gegenseitig aus),  z. B. benötigen einige Verfahren Werkzeugausläufe oder -überläufe, wofür jedoch kein Spielraum gegeben ist.
  4. Wirtschaftlichste Prozessfolge bestimmen und ausweisen

Sehr einfaches Beispiel eines Prozessgraphen für ein Gussteil:

Beispiele für Zwangsfolgen:

  • Aus technischen Gesichtspunkten:
    • Grobe Gestaltgebung vor feiner Gestaltgebung
      • Bohren -> Senken -> Reiben
      • Fräsen -> Schleifen -> Polieren
    • Herstellbarkeit bzw. Bearbeitbarkeit erreichen
      • Weichglühen vor spanender Bearbeitung
      • Ur-/Umformung vor spanenender Bearbeitung
      • Planen vor dem Drehen
      • Zentrierung vor dem Drehen
    • Basiselement vor Nebenformelement
      • Bohrung vor Nut
      • Bohrung/Senkung vor Gewinde
      • Wellenabsatz vor Passfedernut
  • Aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten:
    • Verwendung effektiverer Verfahren
      • Vermeidung von Werkzeugwechseln, technischer Verteilzeiten
        Komplettbearbeitung vorziehen
      • Parallelbearbeitung

Trotz einzuhaltender Zwangsfolgen, kann dank technischer Neuheiten auf dem Gebiet der Fertigungstechnik im Laufe der Zeit immer wieder eine Steigerung der Produktivität durch Optimierung innerhalb der Prozesskette erreicht werden.