Kundenorientierung und das Kano-Modell

Qualitätsmanagement ist in erster Linie Kundenorientierung und gleichzeitig eine Vermeidung von wirtschaftlichen Schäden. Die Kundenorientierung ist wiederum Teilbereich des Marketing.

Ein qualitativhochwertiges Produkt schafft Kundenzufriedenheit. Einer langfristig fehlenden Kundenzufriedenheit folgt langfristig ein wirtschaftlicher Schaden, da Kunden nicht an das Unternehmen gebunden werden, der Ruf des Unternehmens unter dem folgenden Kundenverhalten leiden wird und der bisherige Kunde vielleicht einen Schaden ersetzt haben will.

Kundenzufriedenheit ist die aktive Berücksichtigung der Kundenanforderungen.

Es ist für ein Unternehmen also wichtig zu erfahren, was genau diese Kundenanforderungen und, dann im zweiten Schritt, wie diese umzusetzen sind.

Einige Kundenanforderungen werden ausdrücklich vom Kunden genannt und sind somit Teil des (mündlichen oder schriftlichen) Vertrages. Andere Anforderungen werden vom Kunden als Selbstverständlichkeit betrachtet und deshalb nicht genannt oder nur indirekt zum Ausdruck gebracht. Hinzu kommen Anforderungen, welche eher Zusatzwünsche sind, die vom Kunden ebenfalls nicht unbedingt erwähnt werden, möglicherweise weil dies vom Kunden als unangenehm (da unhöflich oder sogar dreist) empfunden wird.

Kundenanforderungen werden bestimmt von der individuellen Person (nahezu unvorhersehbar), aus der Gesellschaft, aus der der Kunde stammt (Wertevorstellung, Moral, Religion usw.) und von den Erwartungen an Konkurrenzprodukte.

Das Kano-Modell 狩野 (かの) ist ein Modell zur Analyse von Kundenwünschen, entwickelt vom japanischen Professor Dr. Kanō Noriaki (狩野紀昭).

Das Kano-Modell geht von drei Typen der Anforderungen eines Standardkunden aus.1. Basisanforderungen

Die Basisanforderungen sind eine Mindesterwartung seitens des Kunden und gelten für ihn als Selbstverständlichkeit.

Beispiel:
Ein Kunde bestellt einen Office-PC bei einem großen PC-Lieferanten. Nachdem der PC geliefert wurde, stellt der Kunde fest, dass der PC zwar einwandfrei funktioniert, robust scheint und sonstige Qualitätsanforderung scheinbar erfüllt. Allerdings hat der PC keinen üblichen USB-Anschluss. Da heutzutage jeder PC USB-Schnittstellen hat, empfindet der Kunde dies als schwere Enttäuschung, mit welcher er niemals gerechnet hätte.

Andere Beispiele wären Geländewagen ohne Allradantrieb oder ein Fernseher ohne Farbdarstellung. Diese Dinge müssen keine „Mängel“ sein, werden sie aber vom Kunden nicht erwartet und als negativ aufgefasst, ist die Enttäuschung groß.

Diese Situation ist auch im rechtlichen Sinne ein Mangel.

Durch Anpreisung der nicht zu erwartenden Eigenschaften kann bzw. muss der Kunde informiert werden.

Grundsätzlich gilt nach dem Kano-Modell:

Die Erfüllung der Basisanforderung führt zu:
– Allgemeiner Zufriedenheit

(Bsp: Der PC hat USB-Anschlüsse)

Übertreffung führt zu:
– Guter Zufriedenheit, aber ohne besondere Würdigung

(Bsp: Der PC hat außergewöhnlich viele USB-Anschlüsse)

Nicht-Erfüllung führt zu:
– Extremer Unzufriedenheit, ggf. Kundenverlust
– Steigerung der Reklamationen (Kunden sehen nicht mehr über Kleinigkeiten hinweg)

(Bsp: Der PC hat keinen einzigen USB-Anschluss)

2. Leistungsanforderungen

Leistungsanforderungen werden ausdrücklich (vertraglich) verlangt oder werden durch den vorgesehenen Gebrauch vorausgesetzt.

Leistungsanforderungen sind eher individuell und werden daher ausdrücklich genannt und vereinbart.

Beispiel:
Ein Auto soll eine Klimaautomatik, ein Schaltgetriebe und eine grün-metallische Außenfarbe haben, im Innenraum soll beiges Leder vorherrschen.

Auch die Nichterfüllung einer Leistungsanforderung ist (da vertraglich vereinbart) ein Mangel im rechtlichen Sinne.

Erfüllung der Leistungsanforderung führt zu:
– Große Zufriedenheit

Die Leistung gilt dennoch als austauschbar, denn meistens kann auch ein anderer Hersteller diese Leistung erbringen, wenn sie ausgehandelt wird.

Übertreffung führt zu:
– Sehr hoher Zufriedenheit

Die Kundenbindung wird damit meist besonders erhöht.

Nicht-Erfüllung führt zu:
Massiver Unzufriedenheit und ggf. Kundenverlust

3. Begeisterungsanforderungen

Begeisterungsanforderungen werden nicht direkt vom Kunden erwartet, in manchen Fällen hätte der Kunde nicht mal eine Grundidee über eine Mehrleistung. Ausgelassene Chancen zur Erfüllung der Begeisterungsanforderungen lassen sich schwer wirtschaftlich bewerten.

Beispiel: Ein Kunde bringt seinen PC zum Reparaturservice. Die Reparatur erfolgt schneller als gedacht und/oder zusätzlich wurde der PC mit besseren Komponenten (aber ohne Aufpreis) aufgerüstet. Der Kunde hat dies nicht erwartet und ist entsprechend begeistert.

Anderes Beispiel: Ein Kunde bestellt einen Sportwagen. Als der Sportwagen ausgeliefert wurde und dem Kunden Schlüssel und Fahrzeugpapiere ausgehändigt werden, wird dem Kunden ein kostenloses Fahrsicherheitstraining zugesprochen, an welchem er freiwillig teilnehmen darf. Wenn der Kunde dieses will und dies nicht erwartet hat, wurde seine Begeisterungsanforderung voll getroffen, aber selbst wenn er das Angebot nicht nutzen möchte, wird er mit hoher Wahrscheinlichkeit einen guten Eindruck von dieser Geste beibehalten.

Erfüllung führt zu:
– Hoher Zufriedenheit

Ggf. besondere Würdigung seitens des Kunden und Erhöhung der Kundenbindung.

Nicht-Erfüllung führt zu:
Verlust einer Chance zur Kundenbindung

Wandlung der Anforderungen

Die Kundenanforderungen wandeln sich über den zeitlichen Verlauf. Leistungen, die früher alles andere als eine Selbstverständlichkeit waren, sind heute doch unter den Basisanforderungen zu finden.

Die Kundenanforderungen verschieben sich, von Begeisterungsanforderungen zu üblichen Leistungsanforderungen und irgendwann wahrscheinlich zu den Basisanforderungen.

Dies kann in erster Linie vom Wettbewerb ausgehen:
Begeisterungsanforderungen können sich bei Verbreitung im Wettbewerb zu Basisanforderungen des Kunden wandeln. Es ist nicht so, dass der Kunde selbst die Leistung immer mehr verlangen würde, dennoch hat die Konkurrenz diese Leistung so weit verbreitet, dass der Kunde es bald nicht mehr anders erfährt und die Leistung somit als Standard oder Selbstverständlichkeit ansieht.

Der gesamte Wettbewerb gerät damit schnell in Zugzwang.

Sie Anforderungswandlung kann aber auch direkt vom Kunden ausgehen:
Der Kunde übernimmt Begeisterungen, welche er erfahren hat, als Leistungsanforderung auf und fordert diese zukünftig zunehmend.
Der Wettbewerb nimmt diese ehemalige Begeisterungsanforderung an und so wird sie bald zur Basisanforderung.

Das Diagramm zeigt drei Kurvenverläufe, stellvertretend für die drei Anforderungstypen.

Steigt die Erfüllung der Leistungsanforderung, so wird auch die Erfüllung der Kundenanforderung zusammen mit der Kundenzufriedenheit erreicht.

Steigt die Erfüllung der Basisanforderungen, steigt die Zufriedenheit an. Doch selbst die volle Erfüllung der Basisanforderung reicht nicht aus, um eine angemessene Zufriedenheit (vertikaler Nullpunkt) zu erreichen.

Umgekehrt verhält es sich mit der Begeisterungsanforderung. Steigt die Erfüllung der Begeisterungsanforderung, so steigt die Zufriedenheit enorm, die Erfüllung der Kundenanforderung aber immer weniger.

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