Ereignisgesteuerte Prozesskette – EPK

Die Ereignisgesteuerte Prozesskette (EPK, engl.: Event-driven Process ChainEPC) ist als ein Bestandteil der Architektur integrierter Informationssysteme (ARIS) eine international sehr bekannte Methode der Prozessdarstellung. Ereignisgesteuerte Prozessketten sind Bedingungs-Ereignisnetze aus der Petri-Netz-Theorie.

EPKs sind beliebt auf Grund ihrer Eindeutigkeit, Einfachheit und der leichten Verständlichkeit in der Darstellung. Dennoch sind Ereignisgesteuerte Prozessketten in der Praxis tendenziell weniger beliebt als Programmablaufpläne (PAP), wie sie beispielsweise bei Verfahrensanweisungen im Qualitätsmanagement üblich sind. Weitere alternative Darstellungsformen sind Struktogramme, Petri-Netze, sowie Aktivitätsdiagramme und Zustandsdiagramme in der UML. In der Software-Entwicklung sind sowohl Struktogramme, PAPs als auch UML-Diagramme zur Darstellung von Software-Architekturen und internen Abläufen verbreitet, nicht aber EPKs. Ereignisgesteuerte Prozessketten kommen vor allem in der Darstellung von Abläufen in ERP-Systemen, im Qualitätsmanagement sowie in der Produktionsplanung und -steuerung zur Anwendung. Als fester Bestandteil der Steuerungssicht in der Architektur integrierter Informationssysteme (ARIS) sind EPKs ein wichtiges Instrument in der Wirtschaftsinformatik.

Ereignisgesteuerte Prozessketten sind leicht verständlich und setzen sich (neben den Pfeilen zur Ablaufdarstellung) aus nur drei wesentlichen Elementen zusammen:

  • Ereignisse stellen Zustandsausprägungen dar. Jedes EPK beginnt und endet mit einem Ereignis. Ereignisse lösen Funktionen aus (Auslöseereignis) und dokumentieren Zustände, die durch Funktionen erreicht werden (Zustandsereignisse). Ereignisse verursachen selbst keine Aufwände (Zeit und Kosten).
  • Funktionen stellen Aktivitäten (Tätigkeiten) dar. Ihr Input und Output wird durch vor- und nachgeschaltete Ereignisse repräsentiert. Funktionen können den weiteren Prozessverlauf verzweigen oder zusammenführen.
  • Verknüpfungsoperatoren werden benötigt, um Verknüpfungen (Aufspaltungen oder Zusammenführungen von Prozessverläufen) darzustellen:
    • UND-Verknüpfung: „A und B“  (AND)
    • Inklusives ODER: „A oder B oder A und B“  (IOR)
    • Exklusives ODER: „A oder B“  (XOR)

Die eEPK steht für die erweiterte Ereignisgesteuerte Prozesskette und beinhaltet noch mehr Elemente in der Darstellung (siehe unten).
EPKs sollten – müssen jedoch nicht – immer von oben beginnen und nach unten fortgeführt werden. Jede EPK muss mit einem Ereignis starten und mit einem Ereignis enden.

In der strengen EPK-Notation dürfen auf Funktionen nur Ereignisse oder Operatoren folgen, auf Ereignisse nur Funktionen oder Operatoren. Nach jeder Funktion entsteht demnach ein neues Ereignis. Nur die verschiedenen Operatoren können auch unmittelbar aufeinander folgen. In der Praxis werden aber dennoch aus Gründen der besseren Nachvollziehbarkeit und Übersichtlichkeit häufig mehrere Funktionen (Tätigkeiten) ohne zwischengeschaltete Operatoren oder Ereignisse in Nachfolge gesetzt.  Dies ist jedoch nur zu empfehlen, wenn die Ereignisse nach den Funktionen tatsächlich zu vernachlässigen sind und nur der Übersichtlichkeit schaden würden.

Beispiele Ereignisgesteuerte Prozessketten

Nachfolgend ein Beispiel einer EPK für die Prozesse der Auftragsannahme mit Integration in ein lernendes Kundenbewertungssystem eines Handwerker-Unternehmens. Geht ein Kundenauftrag eines neuen Kunden ein, kann keine Prüfung der Zahlungsmoral erfolgen, der Auftrag wird erteilt. Liegen Kundenstammdaten bereits vor, jedoch keine Daten über die Zahlungsmoral, erfolgt ebenfalls eine Zusage. Liegen auch Datensätze über Zahlungsmoral vor, werden die Fälle unterschiedlich priorisiert. Kunden mit guter Zahlungsmoral erhalten zudem neben der hohen Priorität in der Auftragserfassung automatisch auch einen erfassten Rabatt im Buchhaltungssystem. Kunden mit schlechter Zahlungsmoral erhalten eine Ablehnung für den Auftrag.

 

Die EPKs lassen sich um weitere Elemente ergänzen (eEPK). So lassen sich Organisationseinheiten, Zuständigkeiten, Informationen/Material/Dokumente mit der Prozessdarstellung verknüpfen. Die Darstellungsvarianten sind jedoch nicht immer einheitlich, so dass hier nur die zwei wesentlichsten Zusatzelemente der eEPK erläutert werden:

  • Stelle der Zuständigkeit (oder Know-How-Quelle)
  • Information(squelle)/verwendetes Material oder eingebundende Dokumente

Das folgende eEPK zeigt zwei mögliche Startszenarien (die auch beide zeitlich parallel eintreten könnten). Meldet das ERP-System einen kritischen Lagerbestand, erfolgt eine neue Bestellung. Eine Bestellung kann auch erfolgen, wenn ein neuer Kundenauftrag eingeht und eine Prüfung ergibt, dass die neue Auftragsmenge nicht ohne Erreichen des kritischen Lagerbestands aus dem Lager gedeckt werden kann. Nach der Bestellung erfolgt der Terminplan für die Lieferungen. Gehen Lieferungen rechtzeitig ein, wird nochmals die Auftragsmenge mit dem Lagerbestand abgeglichen. Ergibt die Prüfung, dass auch bei Berücksichtigung der offenen Auftragsmenge kein kritischer Lagerbestand erreicht wird, ist der Lagerbestand unkritisch und die Prozesskette endet, wenn nicht, muss eine Nachbestellung erfolgen. Wird nicht rechtzeitig (nach Terminplan) geliefert, wird der Fall vom Management mit dem Lieferanten bzw. der Spedition eskaliert.

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