Leistungsstörung

Leistungsstörung ist der rechtswissenschaftlicher Begriff für eine Pflichtverletztung eines Schuldners in einem Schuldverhältnis. Die Leistungsstörung lässt sich in der Ursache in drei Bereiche unterteilen:

Forderung der Leistung, Schadensersatz oder Ersatz vergeblicher Aufwändungen wegen der Unmöglichkeit der Leistung

§280 BGB:
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) […]

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Für einen Anspruch auf Schadensersatz müssen ein Schuldverhältnis und eine Pflichtverletztung gegenüber diesem Schuldverhältnis vorliegen. Dafür muss der Schuldner die Pflichtverletzung aber zu vertreten haben.

Konkretisiert wird hier von der Pflichtverletztung gesprochen, die erst durch eine nachträgliches Entstehen eines Leistungshindernisses begründet wird.

§311 BGB:

(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.
[…]

Wenn der Schuldner die Pflichtverletzung, und damit einen dadurch entstandenden Schaden, zu vertreten hat, hat der Gläubiger das Recht auf Schadensersatz.
Generell wird davon ausgegangen, dass eine Pflichtverletzung vom Schuldner zu vertreten ist, die Beweislast für eine eventuelle Exkulpation trägt der Schuldner.

Schadensersetz bzw. Ersatz vergeblicher Aufwändungen wegen eines anfänglichen Leistungshindernisses

Lag das Leistungshindernis bereits vor Vertragsschluss vor, gilt ein Anspruch auf Schadensersatz und Ersatz vergeblicher Aufwändungen nach §311a BGB.

§311a BGB:

(1) […]

(2) Der Gläubiger kann nach seiner Wahl Schadensersatz statt der Leistung oder Ersatz seiner Aufwendungen in dem in § 284 bestimmten Umfang verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner das Leistungshindernis bei Vertragsschluss nicht kannte und seine Unkenntnis auch nicht zu vertreten hat. § 281 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.

Arten einer Schuld, die in der Leistung gehindert wird:

Handelt es sich um ein Objekt, welches einzigartig und nicht (oder nur unter unvertretbaren Aufwand) wiederbeschaffbar ist, handelt es sich um eine Stückschuld. Dies ist auch der Fall, wenn eine Massenware soweit aufgebraucht ist, dass nur noch ein Einzelnes (und damit Einzigartiges) übrig bleibt.
Handelt es sich um eine Massenware, welche leicht in Art und Güte ersetzbar ist, handelt es sich um eine Gattungsschuld (vgl. §243 BGB).

§243 BGB:

(1) Wer eine nur der Gattung nach bestimmte Sache schuldet, hat eine Sache von mittlerer Art und Güte zu leisten.

(2) Hat der Schuldner das zur Leistung einer solchen Sache seinerseits Erforderliche getan, so beschränkt sich das Schuldverhältnis auf diese Sache.

Aus §243 (2) BGB ergibt sich ein weiterer Spielraum für eine Differenzierung der Schuld nach den Leistungsort; Schickschuld, Bringschuld und Holschuld (vgl. §269 BGB).

Verzug

Die zweite Form der Leistungsstörung ist der Verzug. Der Verzug meint die verspätete Leistung bzw. die Nichtleistung trotz Fälligkeit und nach einer Mahnung. In bestimmten Fällen muss der Gläubiger nicht gemahnt haben, damit sich der Schuldner in Verzug befindet.

§286 BGB:

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn […]

(3) [Schuldner einer Entgeltforderung]

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

Den Verzug muss der Schuldner zu vertreten haben, damit der Gläubiger nach Fälligkeit und erfolgloser Mahnung Schadensersatzansprüche an den Schuldner stellen muss. Ein möglicher Schadensersatzanspruch kann ähnlich wie bei der Leistungsunmöglichkeit nach §280 in Verbindung mit §286 BGB vorliegen.

§280 BGB:

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. […]

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Liegt ein Verzug gemäß §286 BGB vor (Mahnung nach Fälligkeit für ein Schuldverhältnis), kann Ersatz, für den durch den Verzug entstandenden Schaden, geltend gemacht werden.

Schadensersatz statt der Leistung

Unter bestimmten Voraussetzungen, welche im §281 BGB geregelt werden, kann der Gläubiger bei Leistungsstörung auf die eigentlich vereinbarte Leistung vollständig verzichten und stattdessen nur entsprechenden Schadensersatz fordern.

Mit dieser Forderung verwirkt der Gläubiger den Anspruch auf die Leistung und muss sie, falls er sie ganz oder teilweise erhalten hat, wieder zurückgeben.

§281 BGB:

(1) Soweit der Schuldner die fällige Leistung nicht oder nicht wie geschuldet erbringt, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat. Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung nur verlangen, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Hat der Schuldner die Leistung nicht wie geschuldet bewirkt, so kann der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung nicht verlangen, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.

(2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert oder wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs rechtfertigen.

(3) Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, so tritt an deren Stelle eine Abmahnung.

(4) Der Anspruch auf die Leistung ist ausgeschlossen, sobald der Gläubiger statt der Leistung Schadensersatz verlangt hat.

(5) Verlangt der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung, so ist der Schuldner zur Rückforderung des Geleisteten nach den §§ 346 bis 348 berechtigt.

Für den Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung ist, um dem Unternehmer (Leistungserbringer) eine Chance auf Nacherfüllung zu ermöglichen, eine Fristsetzung erforderlich!

Rücktritt vom Vertrag

Unabhängig vom Schadensersatzanspruch (siehe §325 BGB) kann der Gläubiger auch vom Vertrag zurücktreten. Dafür darf doe Pflichtverletztung des Schuldners jedoch nicht nur unerheblich sein und der Gläubiger nicht überwiegend zu vertreten haben.

§323 BGB:

(1) Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, so kann der Gläubiger, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat, vom Vertrag zurücktreten.

(2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn
1. der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
2. der Schuldner die Leistung zu einem im Vertrag bestimmten Termin oder innerhalb einer bestimmten Frist nicht bewirkt und der Gläubiger im Vertrag den Fortbestand seines Leistungsinteresses an die Rechtzeitigkeit der Leistung gebunden hat oder
3. besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen.

(3) Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, so tritt an deren Stelle eine Abmahnung.

(4) Der Gläubiger kann bereits vor dem Eintritt der Fälligkeit der Leistung zurücktreten, wenn offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen des Rücktritts eintreten werden.

(5) Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der Gläubiger vom ganzen Vertrag nur zurücktreten, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Hat der Schuldner die Leistung nicht vertragsgemäß bewirkt, so kann der Gläubiger vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.

(6) Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Gläubiger für den Umstand, der ihn zum Rücktritt berechtigen würde, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist oder wenn der vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit eintritt, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist.

Ersatz vergeblicher Aufwändungen

Ersatz vergeblicher Aufwendungen, sind Kosten (Aufwand), die nur dadurch erfolglos sind, weil der Schuldner nicht wie geschuldet geleistet hat. Ersatz vergeblicher Aufwendungen sind nur dann begründet, wenn ein Schadensersatzanspruch gegeben ist.

§284 BGB:

Anstelle des Schadensersatzes statt der Leistung kann der Gläubiger Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung gemacht hat und billigerweise machen durfte, es sei denn, deren Zweck wäre auch ohne die Pflichtverletzung des Schuldners nicht erreicht worden.