Schließkraftmessung – Sicherheit für Türen-/Torsysteme

In unserer modernen Infrastruktur sind automatisch betriebene Türen und Tore nicht mehr wegzudenken, denn diese ermöglichen eine effiziente Logistik, ergonomisches Arbeiten und schnelle Reaktionszeiten von Rettungsdiensten. Automatische Türen und Tore können jedoch auch zur Gefahr werden. Damit die Sicherheit gewährleistet bleibt, sind diese jährlich zu warten und eine Schließkraftmessung durchzuführen.

Wartung von Industrietoren und Türen im Verkehrswesen: Schließkraftmessung bei kraftbetätigten Toren

Damit Unfälle am Arbeitsplatz sich so selten wie möglich ereignen und, sollte es zu einem Unfall kommen, wenigstens allzu schwere Verletzungen vermieden werden, hat der Gesetzgeber einige Regelungen bezüglich des betrieblichen Alltags aufgestellt. Dem Gesetzgeber ist daran gelegen, dass Gefahrenquellen vermieden werden und durch regelmäßige Wartungsarbeiten sichergestellt wird, dass betriebliches Equipment funktionstüchtig und gefahrlos in Betrieb genommen werden kann.


Tore beim Rettungsdienst - Foto: ASSA ABLOY Entrance Systems
Das klingt freilich logisch, nur leider zeigt die Praxis, dass es des Öfteren bei für den Betrieb als selbstverständlich betrachteten Bestandteilen zu Vernachlässigungen hinsichtlich der Wartungspflicht kommen kann. Besonders stiefmütterlich werden beispielsweise Industrietore und Torsysteme behandelt. Die Industrietore vieler Betriebe überschreiten die zugelassenen Werte um ein Vielfaches. Darauf hat der Gesetzgeber reagiert und 2013 in der Arbeitsstättenregel ASR A1.7 neue und strengere Regelungen, was die Schließkräfte von Industrietoren angeht, festgesetzt.

Schließkraftmessung im Sinne der Arbeitsstättenregelung

Durch die Neuerungen in der Arbeitsstättenregel werden grundsätzliche Schutzziele für Toranlagen definiert. Dies ist besonders wichtig, da es für kraftbetriebene Industrietore keine Brandschutzverordnung gibt. Stattdessen sind der Regelungen der Arbeitsstättenregel ASR A1.7 für den Einsatz von kraftbetätigten Industrietoren handlungsweisend.

„Kraftbetätigte Türen und Tore müssen nach den Vorgaben des Herstellers vor der ersten Inbetriebnahme, nach wesentlichen Änderungen sowie wiederkehrend sachgerecht auf ihren sicheren Zustand geprüft werden. Die wiederkehrende Prüfung sollte mindestens einmal jährlich erfolgen. Die Ergebnisse der sicherheitstechnischen Prüfung sind aufzuzeichnen und in der Arbeitsstätte aufzubewahren.“ (ASR A 1.7, Abschnitt 10.2-1)

Die Neuerungen weisen an, dass kraftbetätigte Tore vor der ersten Inbetriebnahme, falls Änderungen am Tor vorgenommen wurden und einmal pro Jahr von einem sachgerechten Prüfer auf Sicherheit und Funktionstüchtigkeit geprüft werden müssen.

Hierbei werden die Betriebskräfte an den Scher-, Quetsch- und Stoßstellen gemessen; diese dürfen bei der Schließkraftmessung die zulässigen Richtwerte nicht überschreiten. Die Ergebnisse der Messungen müssen schriftlich festgehalten und vor Ort aufbewahrt werden. Die Arbeitsstättenregelung gilt für jegliche Torsysteme mit Selbsthaltung bzw. Schließautomatik, auch für Tore, die vor Eintreten der Gesetzgebung in Betrieb genommen wurden.
Kraftmessdiagramm
Die dynamische Kraft darf generell 400 N über längstens 0,75 Sekunden nicht überschreiten. Als Ausnahme sind nur bei horizontal (als nicht von oben nach unten) bewegten Torflügeln Kräfte bis 1.400 N zulässig, jedoch nur im Bereich der Öffnung > 50 cm. Die statische Kraft darf maximal 150 N erreichen und zusammen mit der dynamischen Kraft längstens 5 Sekunden wirken. Nach dieser Zeit muss die Kraft auf einen Wert unter 25 N abgesenkt werden – Dazu muss der Torflügel in der Regel für einen kurzen Moment reversieren, also seine Bewegungsrichtung für umkehren.

So wird die Wartung der Türen/Tore durchgeführt

Die Schließkraftmessung wird an den Schließkanten der Industrietore vorgenommen. Dabei wird der zeitliche Kraftaufwand gemessen. Die dynamische Kraft darf hierbei nicht über 400 Newton (40kg) betragen. Für die Restkraft besteht ein Richtwert von 25 Newton. Messungen sollten in einer Höhe von 50mm und/oder 300mm durchgeführt werden.

„Die sicherheitstechnische Prüfung von kraftbetätigten Türen und Toren darf nur durch Sachkundige durchgeführt werden, die die Funktionstüchtigkeit der Schutzeinrichtungen beurteilen und mit geeigneter Messtechnik, die z. B. den zeitlichen Kraftverlauf an Schließkanten nachweist, überprüfen können.“ (ASR A 1.7, Abschnitt 10.2-2)

Die Schließkraftmessung erfolgt über 5 Sekunden mit Erfassung von Kräften zwischen 25 und 2000 N. Der Signalgeber muss dabei mit einer Frequenz von mindestens 200 Hz abtasten.

Foto: ASSA ABLOY Entrance Systems Foto: ASSA ABLOY Entrance Systems

Auch das Reversieren, also Einfahren der Industrietore, muss geprüft werden. Bei der regelmäßigen Wartung sollte auch immer die Torsteuerung überprüft werden, um alle sicherheitsrelevanten Bestandteile eines Torsystems abdecken zu können. Nur so kann die Sicherheit der Toranlage garantiert werden.

Da Toranlagenbetreiber gesetzlich verpflichtet sind, vorhandene Mängel umgehend beseitigen zu lassen, müssen, falls die Schließkräfte die Richtwerte überschreiten, umgehend Justierungen durchgeführt werden. Dazu werden die Funktion der Schaltleiste, die Federn und die Bremsen überprüft und die Schließgeschwindigkeit über die Tor-Steuerung angepasst. Solche Justierungen lassen sich meist vom Servicetechniker vor Ort vornehmen. Es kann allerdings auch vorkommen, dass Steuerung, Motor oder Lichtgitter ausgetauscht werden müssen.

Anforderungen an das Messgerät:
Ein normkonformes Schließkraftmessgerät im Sinne der DIN 18650-1, 6.2.2 muss folgende Anforderungen im Bezug auf die technische Spezifikation erfüllen.

Vereinfachte Darstellung: Schließkraftmessgerät von der GTE-Industrieelektronik GmbH
  • Krafteinleitung muss über eine runde Messfläche mit dem Durchmesser 80 mm auf die Kraftmessvorrichtung (Messzelle) erfolgen
  • Material der Messfläche muss in eine ausreichende Festigkeit aufweisen
  • Die Krafteinleitungsfläche muss mit einer Steifigkeit von 500 N/mm nachgeben (vergleichbar mit der Federkonstante des menschlichen Schädelknochens)
  • Das Gerät muss dazu in der Lage sein, Zeiten der Krafteinwirkung zu messen sowie die Messwerte anzuzeigen (grafisch oder rein numerisch)
  • Messgenauigkeit von ± 5 % fullscale, sicher zu stellen durch jährliche Kalibrierung

Ergänzende Sicherheit mit Schaltleisten und Lichtschranken

Als ergänzende und elektronisch arbeitende Sicherheitssysteme zur Erkennung von Einklemmungen bei automatischen Türen und Toren können in der Regel Schaltleisten und/oder Lichtschranken zum Einsatz kommen.

Schaltleisten enthalten auf Druck reagierende Sensoren, die Scher- und Quetschkanten an Toren und Türen gegen Einklemmgefahren absichern. Schaltleisten können als Einklemmerkennung sehr in nahezu allen Anwendungsszenarien eingesetzt werden, beispielsweise an Bus- und Bahntüren oder an Türen, Toren und Fenstern in der Gebäudetechnik. Trifft die Schaltleiste auf ein Hindernis, reagieren Drucksensoren und schließen oder öffnen einen elektrischen Kontakt (je nach Schaltlogik). Zudem sind Schaltleisten selber in der Regel mit verhältnismäßig weichen Kunststoffen/Gummi (häufig PVC oder auch EPDM) ummantelt, so dass diese nicht nur eine Funktion zur Abdichtung erfüllen, sondern auch Kräfte leicht dämpfen und die Beschädigungs-/Verletzungsgefähr beim Kontakt somit etwas herabsenken.Relevante Anforderungen an Schaltleisten geben die Normen DIN EN ISO 13856-2 und EN ISO 13849 vor. Schaltleiste am vertikal bewegten Torflügel

Tor-Bewegung und Kraftverlauf bis zur Betätigung des Not-Aus-Signals der Schaltleiste

Ergänzende Schutzmaßnahmen, insbesondere für lateral schließende Tore, stellen zudem Lichtschranken dar. Eine Lichtschranke für den Tor-Notstopp strahlt einen Lichtstrahl entlange des Gummiprofils des Tores zu einem Empfänger. Hindernisse unterbrechen den Lichtstrahl, so dass diese berührungslos erkannt werden. Die Schließkräfte werden erheblich gesenkt und eine zusätzliche Prüfung der Schließkräfte kann dadurch in vielen Fällen entfallen.

Konsequenzen bei Nichteinhaltung der Arbeitsstättenregelung

Falls Industrietore die maximalen Schließkraftwerte überschreiten, kann das zu schwerwiegenden Konsequenzen führen. Bei der Kollision von Mensch und Tor kann es beispielsweise zu Quetschungen und Knochenbrüchen kommen. Betreiber von Toranlagen, die ihre Torsysteme nicht ordnungsgemäß prüfen und eine Schließkraftmessung durchführen lassen, werden vor Gericht für jegliche entstandenen Schäden haftbar gemacht. In solchen Fällen wird der Schaden selbstverständlich nicht von den Versicherungen übernommen.

Fotos: ASSA ABLOY Entrance Systems