Finanzanalyse – Technische Analyse

Aktienkurse können über die technische sowie über die fundamentale Analyse hinsichtlich zukünftiger Entwicklung bewertet werden. Dieser Artikel befasst sich mit der technischen Analyse von Aktienkursen, welche nur für Trader/Retailer mit Fokus auf kurzfristige Kursgewinne interessant ist. Es geht hierbei um reine Kursgewinne durch Handel von Aktien. Diese Kursgewinne sind völlig losgelöst von der Wertschöpfung, die sich in der Aktiengesellschaft abspielt.

Der beispielhafte Aktienkurs zur Veranschaulichung nachfolgender Beispiele ist der Aktienkurs von der SAP AG (gehandelt an der NYSE).

Technische Analyse

Die technische Analyse (auch: Chart-Analyse) beschränkt sich auf die reine Betrachtung der Stock-Performance. Ausschlaggebend ist nur der reine Wechselkurs, nicht die Unternehmensgeschichte oder sich aus dem Geschäftsbetrieb ergebende Chancen und Risiken des Unternehmens, dessen Aktien betrachtet werden. Die technische Analyse besteht aus drei Teilgebieten:

  • Technische Trendanalyse – Kennzahlen und -linien, welche Kursschwankungen voraussagen können
  • Technische Indikatoren – markierende Graphen zur Trend-Muster-Erkennung
  • Risikomanagement – die technische Chart-Analyse verlangt Sachlichkeit und einen „kühlen Kopf“

Technische Trendanalyse

Bei einer technischen Analyse werden Trendlinien (Trendlines) gesucht, welche kurzfristige Trends zum Aufstieg oder Fall eines Aktienkurses zeigen. Trendlines markieren Trendkanäle (Trand Canals) um den Aktienkurs (nach Abschlusskursen – Closing Prices) mit einer unteren Trendline (Support Trend Line) und einer oberen Trendlinie (Resistance Trend Linie). Trendlinien können genau berechnet werden, jedoch reicht es für die Trenderkennung bereits aus, Linien mit dem Lineal zu ziehen.

Trader streben an, Kurse näher der unteren Trendlinie zu kaufen und nahe der oberen Trendlinie wieder zu verkaufen. Gebrochene Trendlinien zeigen Trendänderungen auf. Schwierig ist die Erkennung von typischen Aktienkurs-Mustern, welche auf Grund menschlicher Psychologie immer wieder auftreten und daher im gewissen Rahmen vorhergesagt werden können. Erfahrene Trader haben eine hohe Quote wiedererkannter Muster, welche sich – richtig interpretiert – zu ihren Gunsten nutzen lassen. Sogar naive Annahmen können den Kurs beeinflussen, wenn diese Naivität in Massen unter den Tradern auftritt – eine sich selbsterfüllende Prophezeiung ist hier Alltag.

Die Kursschwankungen geben aber keinen Aufschluss über die Geschäftsleistung (Geschäftsabschlüsse, Produktivität, Investitionen etc.) des Unternehmens. Kursschwankungen über kurze Zeiträume (kleiner als ein Monat) ergeben sich allein aus Handelsgeschäften mit den Aktien des Unternehmens. Das Unternehmen hat kaum bis keinen Einfluss auf die Tageskurse!

Die reine Betrachtung der Tagesabschluss-Kurse (Closing Prices) ist nicht besonders sinnvoll, da die Tagesschwankungen, welche für kurzfristige Kursgewinne von hoher Bedeutung sein können, „verschluckt“ werden.

Eine sehr gute Darstellung von Aktienkursen sind Charts mit Candle Sticks (Kerzenstil). Candle Sticks sind meistens zweifarbig dargestellt. Der Körper stellt die Tagesschwankung Traditionell bedeutet eine weiße Darstellung des Körpers einen positiven (steigenden) Kurs und ein schwarze Füllung einen negativen Kurs.

Der Docht (wick) über/unter dem Körper stellt den Schwankungsrahmen über den betrachteten Zeitraum (Zeitraum des Charts) dar. Ist kein Docht erkennbar, dann ist die Tageskursschwankung gleich der Kursschwankung über den Betrachtungszeitraum.

Technische Indikatoren

Technische Indikatoren können sachliche Auslöser für Käufe und Verkäufe von Aktien sein. Die Indikatoren werden berechnet und grafisch in das Chart projiziert.

Eine bedeutende Kennzahl ist der Moving Average. Der Moving Average (gleitender Mittelwert) glättet den Aktienkurs über einen Betrachtungszeitraum. Der Moving Average summiert die Durchnittswerte aus Highest und Lowest (jeweils eines Tages) für alle Tage des Betrachtungszeitraums und dividiert diese Summe durch die Anzahl der Tage des Betrachtungszeitraums.

MA (7)   -> Durchschnittskurse (Durchschnitt aus Highest & Lowest) der letzten 7 Tage summieren und durch 7 dividieren
MA (14) -> Durchschnittskurse der letzten 14 Tage summieren, durch 14 dividieren
MA (21) -> Durchschnittskurse der letzten 21 Tage summieren, durch 21 dividieren

Je weiter der Betrachtungszeitraum des Moving Average, desto glatter wird der Graph und desto mehr entfernt sich der Graph von täglichen Schwankungen und tendiert zu mittelfristigen Verläufen. Es ist sinnvoll, Moving Averages mit verschiedenen Betrachtungszeiträumen in ein Chart zu projizieren, um leichter Trends erkennen zu können.

Spezielle Formen des Moving Average

  • Simple Moving Average (SMA)
    Der SMA ist ein Moving Average, jedoch in diesem Kontext kalkuliert durch die Summe von Tagesabschlusskursen (Closing Prices). Die Summe wird dividiert durch die Anzahl der Betrachtungsperioden. Gewöhnlicherweise werden 15 und 50 Betrachtungstage herangezogen.
  • Exponential Moving Average (EMA)
    Der EMA basiert auf dem SMA und beginnt mit derselben Anzahl an Betrachtungstagen. Jedoch wird mehr Gewichtung auf die letzten Tage gegeben, so dass sich der EMA gegen Ende des aktuellen Aktienkurses vom SMA trennt. Der EMA nähert sich über z. B. die letzte Woche (siehe Beispiel) dem tatsächlichen Tageskurs an.

Im obigen Chart wird deutlich, dass der EMA und SMA zu Beginn deckungsgleich verlaufen, sich der EMA in der letzten Woche dem tatsächlichen Kursverlauf immer weiter annähert. Der Wert des EMA und des Abschlusskurses (Closing) sind am letzten betrachteten Tag (19.05.2011) exakt gleich.
Die Annäherung kann in der Berechnung dadurch erreicht werden, dass der Betrachtungszeitraum in der letzten Woche von Tag zu Tag kleiner und der Durschnitt somit genauer wird.

Moving Average Convergence Divergence (MACD)

Der MACD wird durch die Subtraktion eines EMA(26) von einen EMA (12) berechnet. Ein weiterer EMA (9) auf den MACD ergibt eine sogenannte Signal Line.

Der MACD und die Signal Line werden nicht in das Chart des Aktienkurses projiziert, da hier eine eigene Skala mit Negativwerten benötigt wird. In der Regel findet sich das Chart mit dem MACD und der Signal Line direkt unter dem Aktienkurs-Chart.

  • Ein positiver MACD-Wert deutet auf einen fallenden Aktienkurs hin.
  • Ein negativer MACD-Wert deutete auf einen steigenden Aktienkurs hin.
  • Schneidet der MACD die Signal Line von unten nach oben, könnte ein Aktienkauf sinnvoll sein.
  • Schneidet der MACD die Signal Linie von oben nach unten, könnte ein Verkauf sinnvoll sein.

Technische Indikatoren sind wichtige Hilfsmittel für die technische Analyse, jedoch können diese Indikatoren als alleiniges Kriterium schnell fehlleiten. Die Kombination dieser Indikatoren mit Trendanalysen und gutem Risikomanagement ist sinnvoll und notwendig.

Risikomanagement

Die technische Analyse bietet keinen Platz für „Spieler“, auch wenn die Psychologie immer ein Begleiter der Finanzanalyse sein wird. Spielsucht führt hier schnell zum finanziellen Ruin. Für die Chart-Analyse ist Logik, Aufmerksamkeit, Mathematik und Sachlichkeit gefragt und nur Trader mit diesen Grundsätzen haben langfristigen Erfolg.

Das Risikomanagement im Rahmen der technischen Analyse ist sehr kurzfristig ausgelegt und bezieht sich nicht selten sogar nur auf einer stündlichen Betrachtung. Ein Kernelement zur Absicherung von Kursschwankungsrisiken ist die Handelsoption Stop-Loss. Durch Stop-Loss (ein Zusatz beim Kauf von Aktien oder als separater Stop-Loss-Auftrag nach dem Kauf) wird eine Kursuntergrenze gesetzt. Wird die Kursuntergrenze unterschritten, erfolgt ein automatischer Verkauf zum nächst möglichen Verkaufszeitpunkt. Der Verkauf erfolgt also zum nächst handelbaren Aktienkurs, der in der Regel leicht unterhalb der auslösenden Kursuntergrenze liegt.
Der Nachteil dieser und anderer Handelsoptionen sind die Gebührenaufschläge auf die Transaktionskosten beim Handel mit Aktien.