Fabrik

Eine -Fabrik- (lat. fabrica = Werkstätte bzw. Werkstatt) bezeichnet nach der VDI-Richtlinie 5200 für Fabrikplanung den Ort, an dem Wertschöpfung durch Produktion, unter Einsatz von Produktionsfaktoren wie Personal, Material, Betriebsmittel, Medien bzw. Energie, Informationen, Wissen, Gebäude bzw. Gelände stattfindet. Dies bedeutet, dass in einer Fabrik alle für die Produktion notwendigen Prozesse stattfinden, angefangen bei der Beschaffung, über Einzelteilfertigung, Kommissionierung und Montage, Qualitätskontrolle bis zur Verpackung und Logistik.

In der funktionalen Sichtweise ist eine Fabrik ein Gebäude-System mit einem Input, einer aus verschiedenen, prozessbeeinflussenden Zuständen bestehender „Fabrik-Einstellung“ und einen Output, dessen vorgegebene Quantität und Qualität Ziel der Fabrik ist.

Fabriken haben eine lange Geschichte der Manufaktur, welche das gesellschaftliche Leben mit strikter Trennung von Arbeit und Privatleben revolutionierte. Heute wird die Manufaktur zwar noch von der Fabrik unterschieden, eine Manufaktur ist jedoch auch eine Fabrik. Die Unterscheidung zwischen Fabrik und Manufaktur ist in der Regel nur durch die technische Ausstattung bedingt. Während als Manufaktur gewöhnlicherweise nur Werkstätten bezeichnet werden, die wenig maschinelle Arbeit einschließen, gelten Fabriken oft als moderne, technisch hochentwickelte Werkstätten.

Manufakturen sind heute eher selten und nur bei besonders hochwertigen Produkten mit geringer Stückzahl und hoher Exklusivität zu finden. Für diese Art der Werkstätte gelten noch besondere, in gewisser Weise klassische Regeln. Anders sieht dies bei Fabriken aus. Auch das, was heute als „vollwertige“ Fabrik gesehen wird, hat eine mindestens zweihundertjährige Geschichte. Für Fabriken der Gegenwart gelten jedoch ganz andere Maßstäbe als noch vor hundert oder gar zweihundert Jahren. Das gesellschaftliche Bewusstsein für Umwelt und Humanität hat sich grundlegend geändert, das Nachfrageverhalten ist ebenfalls spontaner und (Stichwort: Globalisierung) großvolumiger geworden.

Moderne Fabriken müssen nicht nur zeitgemäß, sondern auch zukunftsträchtig sein. Immerhin ist eine Fabriken ein Investitionsgut, das die Lebenszeit seiner zu produzierenden Güter um ein Vielfaches überschreiten soll (muss).

Eine moderne und zukunftsrobuste Fabrik kennt folgende Eigenschaften:

  • Attraktivität
    Jede Fabrik ist eine große Blackbox, platziert in einem Gesellschaftssystem. Es muss sich in ihr behaupten und rechtfertigen können, um langfristig Bestand haben zu können. Sie muss gute Arbeitsplatzbedingungen haben, möglichst wenig negative Auswirkungen auf die Umwelt haben und den Menschen (Anwohnern, Arbeitnehmern, aber auch Investoren, Lieferanten und Kunden) unterm Strich einen Mehrwert bieten
  • Innovative Produktion und Organisation
    Ohne die offene Herangehensweise in der Fabrikplanung und dem Fabrik-Management hätten sich Fabrik kaum weiterentwickelt. Bei aller Routine, die Produktion und Organisation in und um der Fabrik muss immer wieder hinterfragt und optimiert werden
  • Nachfragegerechtheit
    Um der Nachfragedynamik gerecht werden zu können, müssen Fabriken reaktionsschnell sein und eine auftragsbezogene Produktion und Logistik einsetzen. Zeit und Ressourcen einsparende Produktionsablaufsteuerungen, welche dennoch die Kapitalbindung gering halten, sind hier gefragt (z. B. Kanban)
  • Vernetzung
    Fabriken sind heute nicht mehr für sich allein arbeitende Einzelstandorte. Es ist im Sinne der Wirtschaftlichkeit, Attraktivität und auch Nachhaltigkeit, dass bestimmte Prozesse nicht in der Fabrik stattfinden, sondern ausgelagert werden. Zu einer vernetzten Fabrik gehört ein gutes Supply-Chain-Management.
    Eine besondere Form der Fabrik, welche eine besondere Vernetzung bedingt, ist die virtuelle Fabrik
  • Nachhaltigkeit
    Eine nachhaltige Fabrik ist als Gebäude und Standort von Produktion und Logistik umweltverträglich und Ressourcen schonend gestaltet sein
  • Wirtschaftlichkeit
    Nicht zuletzt sollte eine Fabrik natürlich wirtschaftlich sein. Fabriken sind immer für Produktionsprojekte geplant und müssen sich durch diese Projekte langfristig rentieren können

Wandlungsfähigkeit

Nachfrage ändert sich in der heutigen Zeit ständig. Es ist daher nicht möglich, Fabriken mit Produktionssystemen „für die Ewigkeit“ auszustatten. Ändert sich die Nachfrage ohne dass sich das Produktionssystem an diese anpassen lässt, so würde dies den Untergang der Fabrik bedeuten. Fabriken müssen wandlungsfähig sein und dies auch nach Erweiterungen und Umstrukturierungen bleiben, wenn sie wettbewerbsfähig sein sollen.  Mit Wandlungsfähigkeit ist nicht einfach nur Flexibilität (wie etwa ein flexibles Arbeitszeitsystem) gemeint. Flexibilität gehört zur Wandlungsfähigkeit dazu und ist die Voraussetzung für Wandlungsfähigkeit. Wandlungsfähigkeit bedeutet jedoch auch, dass sich Produktionssysteme nicht nur zeitlich und räumlich, sondern auch funktional auf unterschiedliche Produktionsprozesse ausrichten lassen. Durch Wandlungsfähigkeit wird also der Handlungsspielraum einer Fabrik erweitert. Eine Umstrukturierung der Produktion bedarf keiner neuen Fabrik mehr, sondern nur einer Wandlung der Fabrik.

Wandlungsfähig ergibt sich jedoch nur durch vorausschauende Planung unter Berücksichtigung der fünf Wandlungsbefähiger in der Fabrikplanung:

  • Universalität
    Gestaltung und Dimensionierung der Produktions- und Logistikanlagen für unterschiedliche Anforderungen
  • Modularität
    Standards unter den Produktions- und Logistikanlagen, welche einen modularen Plug&Produce-Aufbau ermöglichen
  • Kompatibilität
    Passende oder leicht anpassbare Schnittstellen zwischen Produktions- und Logistikanlagen und der Informationstechnologie
  • Flexibilität
    Skalierbarkeit von technischer, zeitlicher und räumlicher Produktionsgestaltung zur Erweiterung oder Reduzierung
  • Mobilität
    Beweglichkeit oder Transportfähigkeit von Produktions- und Logistikanalgen zur Ermöglichung/Erleichterung einer Umstrukturierung

Die Wandlungsfähigkeit kann in verschiedenen Graden umgesetzt werden. Eine Fabrik für die Produktion von Zylinderköpfen und Nockenwellen (Motorteile), welche sich nicht auf die Produktion anderer Teile einstellen kann, ist nicht wandlungsfähig. Kann sich die Fabrik auf die Produktion anderer Motorenteile einstellen, beispielsweise auf die Produktion von Kurbelwellen, dann liegt zumindest eine Teil-Wandlungsfähigkeit vor. Könnte sich die Fabrik auch auf die Produktion von ganz anderen Teilen/Produkten einstellen, beispielsweise auf eine Textilproduktion oder Produktion von Flugzeugtragflächen, ist die Fabrik voll-wandlungsfähig.  Wandlungsfähigkeit ist nicht kostenlos, sondern bedingt sowohl moderne Technik und Methoden, als auch eine gute Fabrikplanung.