Wertstromdesign

Wertstromdesign (engl.: Value Stream Map) ist eine visuelle Darstellungsform der Resultate, betreffend Material-/Informationsflüssen, aus der Wertstromanalyse (engl.: Value Stream Mapping) und wird in der Regel in der Fabrik- oder Prozessgestaltung angefertigt. Die Wertstromanalyse ist eine Vorgehensweise im Lean Management (Optimierung der Wertschöpfung mit Ziel minimaler Verschwendung).

Das Wertstromdesign ist eine Darstellung des Material- und Informationsflusses über alle Wertschöpfungsprozesse hinweg bezüglich eines bestimmten Produkts oder einer Produktgruppe bzw. Teilefamilie. Die Wertstromanalyse ist eine Analyse des Ist- und Soll-Zustands mit Fokus auf alle am Wertschöpfungsprozesse, nicht auf einzelne Produktionsprozesse im Detail. Adressat des Wertstromdesigns ist vor allem die Geschäftsleitung. Das Wertstromdesign ist zudem eine nicht zu unterschätzende Hilfe für das Qualitätsmanagement.

Die Aufgabe der Wertstromanalyse fällt in der Regel in den Verantwortungsbereich des Fabrikplaners oder Arbeitsplaners bzw. Prozessplaners.

Ziele einer Wertstromanalyse

Mit einer Wertstromanalyse werden wichtige Kenngrößen, wie die Durchlaufzeit und Prozesszeiten, Bestände und unnötige/lange Transporte, Watzezeiten durch schlechte Taktabstimmung und Über-/Unterproduktionsmengen, ermittelt und Verbesserungspotenziale gefunden. Zudem wird sich auch mit bereits bekannten Größen auseinandergesetzt, welche dadurch in ein neues Licht rücken und überdacht werden können.

In der Produktion, Qualitätssicherung und der Geschäftsleitung ist das Wertstromdesign eine wichtige Stütze für die tägliche Arbeit und hilft, die Wertschöpfungsprozesse (da diese im Gesamtbild gezeigt werden) besser zu verstehen.

Vorgehensweise bei einer Wertstromanalyse (Ist-Analyse)

Die Vorgehensweise beginnt mit der Betrachtung der Produktgruppen bzw. Teilefamilien. Diese müssen im Rahmen der Arbeitsgestaltung und Fabrikplanung bereits vorhanden oder geplant worden sein. Produktgruppen oder Teilefamilien sind mehr oder weniger homogene Produkte, mit konstruktiver Ähnlichkeit und dadurch mit nur gerinfügig voneinander abweichenden Fertigungswegen. Die gleiche Prozessfolgen für die Produkte einer Produktgruppe kann in einem Wertstromdesign untergebracht werden.

Die Art der Kunden und deren Anforderungen an die jeweilige Produktgruppe und die Lieferung müssen zunächst betrachtet werden. Der genaue Kundenbedarf oder eine Schätzung (z. B. aus eigenen Erfahrungswerten), je genauer, umso besser, ist zu ermitteln.

Die Wertstromanalyse beginnt im Grunde erst mit der Aufzeichnung des Wertstromes. Interessant sind dabei vor allem die Materialflüsse (Rohstoffe, Halbzeuge, Baugruppen etc.) und Informationsflüsse (z. B. Auftragspapiere, Konstruktionszeichnungen, Kanban-Karten etc.). Dabei sind alle Teile der Fabrik zu durchlaufen, welche vom Wertstrom der betrachteten Produktgruppe (auch nur zum Teil) durchquert werden. Es handelt sich um eine Ist-Aufnahme und betrachtet eher den Regelfall. Ausnahmewege sollten vermerkt, jedoch nicht direkt in den Wertstrom aufgenommen werden. Der Prozessplaner, welcher die Wertstromanalyse durchführt, sollte dabei nicht nur als Beobachter der Produktionsabläufe sein, sondern die beteiligten Verantwortlichen und Mitarbeiter zu Tätigkeitsbereichen, Aufgaben, Informationsschnittstellen, Bezugsquellen, Bestände und alle weiteren, relevanten Themen befragen.

In der Wertstromanalyse ist der, dem Wertstrom gegenläufige Weg üblich. Angefangen wird also nicht beim Materialeingang, sondern beim Warenausgang bzw. dem Versenden.

Die Beschreibung der Produktionsprozesse in der richtigen Reihenfolge, unter Angaben der Prozessaufgabe, Input und Output, beteiligtem Personal und verwendetet Ressourcen, macht den Kern der Wertstromanalyse aus. Die Daten können zwar aus den Arbeitsplänen entnommen werden, sollten jedoch vor Ort während des Prozesses gemessen werden (Stoppuhr und Messprotokoll); es sollten Durchschnittswerte genommen werden.

Transportvorlumen zwischen den Prozessen (Materialfluss) werden dokumentiert. Auch dort, wo kein Material transportiert, jedoch zwischengelagert wird, werden als Lager im Wertstromdesign gekennzeichnet. Es sollen möglichst tatsächliche Werte betrachtet werden und nach Möglichkeit auf eine Bestandsaufnahme laut IT-System verzichtet werden. Zwischen zwei Prozessen finden theoretisch, so auch im Wertstromdesign, immer Transporte statt, auch, wenn die beiden Prozesse praktisch im selben Raum durchgeführt werden. Es werden außer- und innerbetriebliche Materialflüsse unterschieden. Für die Auftragsabwicklung ist der zugehörige Informationsfluss zwischen den Geschäftsprozessen zu identifizieren und analysieren.

Vorgehensweise bei einer Wertstromanalyse (Soll-Analyse)

Die Soll-Analyse folgt idealerweise nach der Ist-Analyse und berücksichtigt die Verbesserungsvorschläge.

Beispiel eines Wertstromdesigns

Prozesse

Ein Produktionsunternehmen produziert Teile der Baugruppe AB, welche sich in der Produktion aus mehreren Teilen zusammen setzen.

Kundenanforderung

Der Kunde ist selbst ein Produzent und benötigt Halbzeuge (Produkte) aus unserem Produktionssystem.

Der Kundenbedarf liegt bei 550 000 Stück jährlich. Der Kunde empfängt die Stückzahl mit Transport-Behältern, welche jeweils vier Stück fassen. Die Produktionsstätte des Kunden läuft 235 Tage im Jahr im 3-Schichtbetrieb mit jeweils 8 Stunden pro Schicht. Eine Arbeitsschicht hat zwei 30-Minutenpausen inklusive. Die Taktzeit berechnet sich aus der Betriebszeit pro Schicht minus Pausen dividiert durch den Stückbedarf pro Schicht.

Der wertstromübergreifende Kundentakt beträgt 32,3 Sekunden.

Rein theoretisch benötigt der Kunde alle 32 bis 33 Sekunden ein neues Stück des Produktes der Baugruppe AB.

Für die Prozessabbildung ist die Bearbeitungszeit (BZ) die wichtigste Kennziffer. Die Bearbeitungszeit ist eine stückbezogene Zeitangabe, welche angibt, wie lange ein Stück über einen Prozess bearbeitet wird (Haupt- und Nebenzeiten, Rüstzeiten werden nicht in die Bearbeitungszeit hineingerechnet!).

Die Prozesszeit ergibt sich z. B. im Prozess Fräsen aus dem Produkt der Bearbeitungszeit pro Stück und der Menge der zu bearbeitenden Teile (Prozessmenge).

Die Zykluszeit ist eine weitere wichtige Kennzahl des Wertstromdesigns. Die Zykluszeit steht für die Leistungsfähigkeit eines Prozesses der Produktion. Die Bearbeitungszeit wird auf die Anzahl der produzierenden Ressourcen aufgeteilt. Dies können Mitarbeiter und Maschinen sein. Handelt es sich um einen Einzelarbeitsplatz, so ist die Anzahl der Ressourcen gleich 1. Arbeiten fünf Mitarbeiter an drei produzierenden Maschinen, dann ist die Anzahl der Ressourcen gleich 3.

Wenn, wie in diesem Beispiel, das Produkt aus mehreren Gleichteilen besteht, muss die Anzahl der Gleichteile zur Bearbeitungszeit mit der Bearbeitungszeit multipliziert werden. Die Zykluszeit verringert sich mit Verringerung der Gleichteilanzahl.

Beispielsweise werden während des Vergüten-Prozesses drei Gleichteile verarbeitet und so eine Zykluszeit von 33 Sekunden vorliegt.

Während des Schweißenprozesses liegt nur noch ein Gleichteil vor, vier Mitarbeiter sind Schweißer; die Zykluszeit beträgt 36 Sekunden.

Die Lagerbestände vor den Prozessen (Zwischenlager und Puffer) werden mit der Reichweite (RW) bewertet. Die Reichweite beschreibt die Zeitlänge der Lagerung bis zum letzten Stück bzw. wie lange der Lagergegenstand zur Verfügung steht. Die Bestandsmenge (BM) repräsentiert die Stückzahl im Lager.

Da sich das Produkt in diesem Beispiel aus drei Gleichteilen zusammensetzt, müssen diese berücksichtigt werden.  Die Bestandsmenge vor dem Schweiß-Prozess beträgt 11150 Stück. Drei Stück ergeben nach dem Schweißen (bis zum Versenden) ein Endprodukt.

Bezüglich dem Lager vor dem Prozess Schweißen liegt eine Reichweite von 1,6 Tagen. Nach dem Schweißprozess liegen nur noch weniger als ein Drittel so viele Teile im Lager, die Reichweite ändert sich jedoch kaum, da drei Teile zu einem Teil gefügt wurden und von da an nur noch ein Gleichteil (= 1 einziges Teil, welches zum Endprodukt wird) bearbeitet wird.

Wenn alle Zykluszeiten der Prozesse bekannt sind, kann die reine Wertschöpfungszeit ermittelt werden, welche ein Endprodukt während seiner Entstehung durchlaufen ist.

Die Summe der Reichweiten ergibt die grobe Durchlaufzeit (vereinfachte Form) für den Prozessdurchlauf nach dem Prinzip „First In, First Out“ (FIFO). Das ist also die Zeit, über welche das entstehende Produkt in der Fabrik verbleibt.

Das gesamte Werstromdesign umfasst zusätzlich alle relevanten Angaben über die Martialströme und Informationsflüsse zwischen Lieferenaten, der Produktionsplanung- und Steuerung (PPS) und dem Abnehmer/Kunden.