Warum sich Wissen über Datenverarbeitung für Wirtschaftsingenieure lohnt.
Big Data Analytics ist gehört zu den Kernkompetenzen für die Industrie 4.0. Vor allem Absolventen der Physik, Informatik und Mathematik profitieren von den vielen neuen Berufen, beispielsweise mit den Bezeichnungen Data Engineer oder Data Scientist. Dabei können auch Wirtschaftsingenieure von diesen neuen Job-Chancen profitieren, wenn sie sich mit den Möglichkeiten der Datenhaltung und -verarbeitung vertraut machen und auch die Grundlagen der Statistik wiederauffrischen, denn im Produktionsumfeld lassen sich neue Wertpotenziale erschließen, die mit den traditionellen Methoden der Produktionsoptimierung unentdeckt blieben.
Data Scientists aus den naturwissenschaftlichen Fachgebieten mögen konkurrenzlose Datenexperten bleiben, in Angelegenheiten der Produktion mitteleuropäischer Industrieunternehmen fehlt es ihnen jedoch an fachlichen Hintergrund. Obgleich die Sensortechnik bereits heute in vielen Maschinen und Anlagen so verbaut ist, dass eine Abgabe der Daten an IT-Systeme für weitergehende Analysen möglich wäre, werden derzeit jedoch lediglich winzige Mengen des Datenvolumens genutzt.
Prädiktive Systeme sind das bessere Six Sigma
Durch die intelligente Auswertung von Sensordaten wird die automatische Erkennung von Maschinenausfällen oder etwa von Produktionsfehlern möglich. Durch die Zusammenführung von Daten aus unterschiedlichsten Sensorquellen sowie von Metadaten aus MES-, ERP- und PLM-Systemen können erste Symptome, die sich in Werkstücken oder Prozessparametern äußern, zuverlässig gedeutet werden. Daraufhin kann gezielt und frühzeitig in den Prozess eingegriffen werden. Der durch prädiktive Analysen ermöglichte situationsgerechte Austausch von Ersatzteilen und auf den Punkt genaue Wartungsmaßnahmen gehören zu den Paradebeispielen von Big Data Analytics. Diese Anwendungsfelder lassen sich jedoch nach Belieben und individuell erweitern, denn wertvolle Rohdaten entstehen überall auf dem Shop-Floor. So können unter Einsatz von Big Data Analytics unzählige Produktionsvariablen im Prozessfluss analysiert werden, um die Produktreinheit abzusichern. Oder es lassen sich dort, wo konventionelle statistische Methoden und IT-Systeme überfordert sind, Ausschussraten drastisch verbessern.
Wissen über Daten-Management und Statistik sind essenziell
Die Auswertung von Maschinendaten in Echtzeit gehört zu den anspruchsvollsten Bereichen von Big Data, denn Sensoren generieren Daten heute im Sekundentakt oder sogar weit darunter. Ein konkretes Beispiel ist die Frequenzerkennung der Rotationskräfte in Maschinen, die Schwingungsänderungen in Bereichen unterscheiden können, die menschlichen Sinneskräften verborgen blieben. Schwingungsänderungen können Anomalien darstellen, die Schwächen im Produktionslauf aufzeigen können. Binnen weniger Stunden können dabei Datenberge im Terabyte-Bereich entstehen. Auf Grund der Heterogenität der heutigen Maschinenlandschaft auf Shop-Floor-Ebene liegen Maschinendaten in den unterschiedlichsten Formaten vor; konventionelle Monitoring- und Analyse-Tools stoßen angesichts der Vielfalt, Geschwindigkeit, Größe und Veränderbarkeit dieser Datensätze sehr schnell an ihre Grenzen. Vor diesem Hintergrund ist ein neuer, speziell auf diese einzigartige Klasse von Daten ausgelegter Weg erforderlich, um beispielsweise die Produktion zu optimieren oder für die Früherkennung von Problemen durch den Einsatz von Diagnosedaten. Die neuen Methoden der Datenanalyse ermöglichen es, diese Daten nach bislang unentdeckten Fehlermustern zu überprüfen. Werden Unstimmigkeiten festgestellt, erfolgt eine Untersuchung, ob es sich z. B. bei widersprüchlichen Datensätzen oder statistischen Ausreißern um wichtige Informationen mit Aussagekraft über Ineffizienzen oder Fehlerquellen handelt. So bekommen Daten, die vorher auf Grund des fehlenden Kontextes ohne Aussage waren, eine Bedeutung für den Produktionszustand – und zwar mit Blick auf die Zukunft, die sich aus den Daten ableiten lässt.
Ein Grundverständnis ist der erste Schritt
Big Data in der Produktion wird demzufolge zum Game Changer für die Fertigung, um die Durchlaufzeit zu verkürzen, Produktionsschwankungen zu meistern oder die Gesamtsteuerung deutlich zu vereinfachen. Damit wird Big Data zur Chance und Gefahr zugleich, denn im stetigen Wettbewerb ist damit zu rechnen, dass selbst jedes Traditionsunternehmen schnell in Bedrängnis geraten wird, sollte es in Sachen Digitalisierung und Nutzung der dabei entstehenden Daten nicht schritthalten können. Dafür ist es jedoch nicht notwendig, zum Datenexperten und Mathe-Genie zu werden, ein gewisses Grundverständnis über Datenbanken und generelle Methoden der Auswertung von Daten ist jedoch die unbedingte Grundlage, um die entsprechende Richtung einschlagen zu können – Und um seine zukünftigen Mitarbeiter fachlich noch verstehen zu können.